Biogasanlagen
Im Landkreis Ebersberg werden zurzeit circa 30 Biogasanlagen betrieben. Hierzu gehören kleine Hofbiogasanlagen, aber auch energieerzeugende Großbetriebe mit Siloflächen von mehreren tausend Quadratmetern, die im Wesentlichen keinen landwirtschaftlichen Hintergrund (Verwertung von Ernterückständen / Gülle / Mist usw.) mehr besitzen.
Ziel ist die Herstellung von Biogas durch biologische Abbauprozesse (Vergärung) von Biomasse. Unter Ausschluss von Sauerstoff (anaerobe Bedingungen) und Licht entsteht aus organischer Masse (Mais- und Grassilage, Gülle usw.) das sogenannte Biogas sowie Energie in Form von Wärme. Dieser in der Natur weit verbreitete Prozess findet beispielsweise in Mooren, auf dem Grund von Seen, aber auch in Güllegruben sowie im Pansen von Wiederkäuern statt; maßgeblich beteiligt an dem Umbauprozess ist eine Reihe von spezialisierten Mikroorganismen. Das gebildete Gasgemisch besteht überwiegend aus Methan (50-75 Vol.-%) und Kohlendioxid (25-50 Vol.- %). Daneben befinden sich im Biogas noch geringe Mengen an Wasserstoff, Stickstoff, Schwefelwasserstoff, Ammoniak und anderen Spurengasen. Die Zusammensetzung ergibt sich im Wesentlichen aus den eingesetzten Substraten und dem jeweiligen Fermentationsverfahren.
Biogasanlagen und die Wasserwirtschaft:
Biogasanlagen leisten einen wichtigen Beitrag zur Energieversorgung und zur Energiewende. Dies steht allerdings unter dem Vorbehalt, dass zum einen bereits bei Planung und Bau der Anlagen (Biogasanlage und Biomasselager; Niederschlagswasserbeseitigungssystem) die technischen Anforderungen eingehalten werden und Wert auf eine qualitativ hochwertige Bauausführung gelegt wird, zum anderen beim Betrieb der Anlagen die größtmögliche Sorgfalt aufgewendet wird.
Das Biogashandbuch Bayern Stand Dezember 2012 stellt die Regel der Technik dar. Die Anlagenverordnung über Anlagen zum Umgang mit wassergefährdenden Stoffen (VAwS-Bay) gilt, bis eine Bundesanlagenverordnung (AwSV) in Kraft tritt. Aus der Verwaltungsvorschrift zum Vollzug der Verordnung über Anlagen zum Umgang mit wassergefährdenden Stoffen und über Fachbetriebe (VVAwS) Nr. 5 Anlage 5-1 Nummer 4 geht hervor, dass das Biogashandbuch als technische Regel für Biogasanlagen eingeführt und insoweit anzuwenden ist. Den Schwerpunkt aus wasserwirtschaftlicher Sicht bildet das Kapitel 2.2.4, in dem wesentliche Vorgaben zum Bau und Betrieb von Biogasanlagen aufgeführt sind, um die Vorgaben eines vorbeugenden Umwelt- und Gewässerschutzes sicherzustellen.
Aus der einschlägigen Erfahrung des Landratsamtes / der Fachkundigen Stelle Wasserwirtschaft muss u.a. folgenden Punkten besondere Bedeutung zukommen:
Niederschlagswasserbeseitigung:
Organisch „unbelastetes“ sowie organisch stark belastetes Niederschlagswasser, aber auch Silagesickersäfte sind fachgerecht zu beseitigen. Eine Möglichkeit bietet dabei das Trennsystem; hierbei wird formal in organisch stark belastete und „unbelastete“ Manipulationsflächen unterschieden. Gelingt diese Unterscheidung in der Praxis jedoch nicht absolut zuverlässig, kann es beim Zulauf von organisch verunreinigtem Wasser in ein Fließgewässer oder in den Grundwasserkörper zu einer erheblichen Gewässerverunreinigung kommen (Straftatbestand nach § 324 Strafgesetzbuch).
Folgen einer Gewässerverunreinigung sind:
Gewässerversauerung:
Im Siliergut enthaltene Zucker- bzw. Stärkeverbindungen werden durch Bakterien vor allem in Milchsäure und Essigsäure, aber auch in Buttersäure umgewandelt. Gelangen diese Säuren in ein Gewässer, kommt es zu einer Verschiebung des pH-Wertes hin in das extrem saure Milieu mit pH-Werten um 3,5. Die Säurebelastung wirkt sich negativ auf die Biozönosen der betroffenen Gewässer aus, da säureempfindliche Arten verdrängt werden (Fischsterben). Ein weiterer negativer Effekt der Säurebelastung ist die erhöhte Freisetzung toxischer Schwermetalle (z.B. Aluminium, Blei, Mangan, Nickel, Zink) aus anstehenden Gesteinen oder Böden.
Eutrophierung (Überangebot an Nährstoffen im Gewässer):
Pflanzennährstoffe wie Stickstoff- und Phosphorverbindungen, die aus dem Silage-stock ausgewaschen werden können, führen vor allem in Gewässern mit geringer na-türlicher Belüftung, wie z.B. stehenden oder langsam fließenden Oberflächengewässern, zu einer massenhaften Entwicklung von organischer Substanz (Algen, Wasserpflanzen), letzten Endes hat dies die Eutrophierung des Gewässers zur Folge. Es kommt zu einer Verschiebung des Nährstoffangebotes im Gewässer und einem nutzlosen Pflanzenwachstum, das zu einer übermäßigen Sauerstoffzehrung führt.
Des Weiteren bildet sich im Gewässer bei entsprechenden Bedingungen, d.h. ansteigendem pH - Wert und hoher Temperatur, aus Ammonium Ammoniak. Ammoniak ist bereits in sehr geringen Konzentrationen höchst fischtoxisch.
Gefahr der BTEX-Bildung auf Grund organischer Einträge in den Boden beziehungsweise das Grundwasser:
Der im Silagestock entstehende Gärsaft besteht u.a. aus Aminosäuren. Gelangt der Gärsaft in den Boden, findet unter sauerstoffarmen Bedingungen ein unvollständiger Abbau dieser Aminosäuren statt. Das bedeutet, dass aus dem Ausgangsstoff (Silagesickersaft) ein Endprodukt (BTEX-Verbindungen) entsteht, das unter den im Boden und im Grundwasserkörper herrschenden Bedingungen nur äußerst schwer weiter abgebaut werden kann und sich anreichert.
BTEX sind aromatische Kohlenwasserstoffe wie Benzol, Toluol, Ethylbenzol und die Xylole, die einen wichtigen Bestandteil der Mineralöle darstellen. Die Giftwirkung besteht in Leberschäden und chronischen Nervenschäden. Benzol ist zusätzlich krebserregend. Darüber hinaus sind äußerst aufwändige und sehr kostenintensive Verfahren notwendig, um den verunreinigten Boden beziehungsweise das Grundwasser wieder abzureinigen.
Die einschlägige Praxiserfahrung des Landratsamtes und vieler Anlagenplaner bestätigt, dass das Trennsystem zur Entwässerung von Siloanlagen, Silovorplätzen und sonstigen Manipulationsflächen auf Biogasanlagen realistischer Weise nicht umzusetzen ist. Aus wasserwirtschaftlicher Sicht ist es daher notwendig, in enger Zusammenarbeit von Planer und Anlagenbetreiber bei Neubau- oder Erweiterungsvorhaben nach Alternativen für eine zuverlässigere und umweltfreundlichere Entwässerung zu suchen.
Möglichkeiten:
- Sammelsystem: Entwässerung aller Flächen in die Biogasanlage.
- Umsetzung eines wesentlich optimierten Trennsystems z.B. durch eine Überdachung (gegebenenfalls in Kombination mit einer Photovoltaikanlage) der Siloanlagen.
Bauliche Schwachstellen speziell beim Fahrsilokammerbau:
Bei den meisten modernen Biogasanlagen handelt es sich in erster Linie nicht mehr um landwirtschaftliche Betriebe, die eine gewisse Menge an Silage vorhalten, um die Tiere im Winter versorgen zu können oder die Anlage nutzen, um Ernterückstände zu verwerten, sondern vielmehr um energieerzeugende Großbetriebe mit Siloflächen von mehreren tausend Quadratmetern bis hin zu einem Hektar. Dies lässt das Gefährdungspotential für die Umwelt, vor allem aber für den Gewässerschutz steigen.
Beton ist auf Grund seines Chemismus nicht säurefest. Durch entsprechende Betonzusam-mensetzung und Wahl der Ausgangsstoffe kann Beton jedoch möglichst säurebeständig hergestellt werden. Im Fahrsilobau werden oftmals zwei unterschiedliche Baustoffe verwendet. Es handelt sich dabei meist um Asphalt (Bodenplatte) und Beton (Seitenelemente). Die beiden Materialien verhalten sich bei Temperaturschwankungen und bei mechanischen Belastungen vollkommen unterschiedlich; Asphaltdecken schwimmen und bewegen sich mehr als Beton. Die Fuge Bodenplatte/Wand muss daher enormen mechanischen, aber auf Grund des anfallenden Silagesickersafts zusätzlich auch hohen chemischen Belastungen standhalten. Grundsätzlich sind alle Fugen einer Fahrsilokammer „Wartungsfugen“. Nach DIN 52 460 handelt es sich bei Wartungsfugen um starken chemischen und/oder physikalischen Einflüssen ausgesetzte Fugen, deren Dichtstoff in regelmäßigen Zeitabständen (vor jeder Neueinlagerung) überprüft und gegebenenfalls erneuert werden müssen, um Folgeschäden zu vermeiden. Hochmodifizierbare Fugenmassen mit bauaufsichtlicher Zulassung (= bestmöglicher Schutz) sind notwendig.
Das Landratsamt / Fachkundige Stelle Wasserwirtschaft empfiehlt darüber hinaus als vorbeugende Maßnahme zur Entlastung der Fugen in den Fahrsilokammern vor der Inbetriebnahme/Wiederbefüllung die Silowände über die Fuge Bodenplatte/Wand bis mindestens einen Meter in die Bodenplatte hinein mit Folien abzudecken; zusätzlich sind auf den Folienüberständen in den Fahrsilokammern am Boden Drainageschläuche in den Bereich Fuge Bodenplatte/Wand mit gezielter Ableitung einzubringen. Auf diese Weise soll der Flüssigkeitsdruck des Silagesickersafts weitestgehend von den Fugen genommen werden und der unmittelbare Säureangriff auf ein Minimum reduziert werden.
Ansprechpartner
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